Heiß, heißer – Sportakrobatik-Welt-Cup in Aalen! Dabei hätte es der hochsommerlichen Temperaturen in der bis unters Dach gefüllten, ausverkauften Ulrich-Pfeifle-Halle gar nicht bedurft, um das Publikum zum Kochen zu bringen: Dafür sorgten schon die Akrobatinnen und Akrobaten aus neun Nationen von Deutschland bis Australien – mit Sportakrobatik auf absolutem Weltklasseniveau.
Zum ersten Mal seit 2015 (damals allerdings in Riesa) machte der internationale Sportakrobatik-Zirkus wieder offiziell Station in Deutschland. Und das mit einem Format voller Potenzial: Drei Abende, jeweils knapp zwei Stunden lang – geballte Weltklasse, verpackt im bewährten, zuschauerfreundlichen 90-Minuten-Fußballspiel-Umfang. Das große Finale am Samstag wurde sogar im SWR-Livestream in der ARD-Mediathek übertragen.
Wer das verpasst hat, sollte sich zumindest die spektakulären Übungen der beiden britischen Herren Hector Kinghorn und Harley Curtis-Lawrence bei Gelegenheit noch einmal auf YouTube ansehen. Sie waren in Sachen Entertainment das Sahnehäubchen auf der Weltcup-Torte – die Halle bebte, auch wenn ihnen die Portugiesen dank höherem Schwierigkeitswert den Titel wegschnappten. Mit der Tageshöchstwertung von 28,720 Punkten wurde ebenfalls Portugal mit Alicia Santos, Leonor Carreira und Ema Fernandes von den Kampfrichtern belohnt. Insgesamt ging Portugal in drei von vier Disziplinen als Sieger von der Matte und dominierte somit den Weltcup. Lediglich bei den Damenpaaren lagen England und Deutschland vorn.
Mit 22 Formationen war das Teilnehmerfeld am Ende etwas kleiner als erhofft. In den letzten Tagen mussten mehrere Teams kurzfristig absagen. Besonders schmerzlich: Israel – eine der Top-Nationen der Sportakrobatik – konnte aufgrund der aktuellen Lage zuhause nicht anreisen. Russland und Weißrussland sind weiterhin vom Weltverband suspendiert. Und noch weitere internationale Stars mussten nach intensiven Wochen mit der Europameisterschaft in Luxemburg und drei Weltcups in kurzer Folge – zuletzt erst vergangene Woche in Baku (AZE) – pausieren. Darunter leider auch die deutschen Top-Formationen: Mixed Paar Daniel Blintsov und Diana Lust (Riesa/Mergelstetten) sowie die Herrengruppe Aaron Borck, Andreas Benke, Carl Frankenstein und Pascale Dressler aus Dresden, beide Teams Medaillengewinner bei der EM zu Ostern. Und so war es am Damenpaar Laura Karczmarzyk und Leni Ohlsen aus Oldenburg, den Heimvorteil für Deutschland in eine Medaille umzumünzen – was ihnen mit Silber bei der Damenpaaren hervorragend gelang.
Und beim sogenannten Limes Juniors Cup, bei dem im Vorprogramm zum Welt Cup hunderte Aktive aus 13 Nationen teilnahmen, gelang auch den württembergischen Lokalmatadoren der ersehnte Erfolg: Das Damenpaar Lena Hafner und Milla Weissinger vom SC Rechberghausen siegte in der Altersklasse Jugend.
Für einige im Organisationsteam vom Baden-Württembergischen Sportakrobatik Verband (BWSAV) – zusammen mit dem Deutschen Sportakrobatik Bund (DSAB) und der TSG Hofherrnweiler-Unterrombach – war die Neuauflage des Limes Welt Cup zum ersten Mal wieder seit elf Jahren zugleich der krönende Abschluss einer jahrzehntelangen Funktionärslaufbahn. Nach dem gescheiterten ersten Anlauf im Herbst 2022 – damals musste das Turnier kurzfristig abgesagt werden – gelang nun das Comeback umso beeindruckender. Und gerade noch rechtzeitig, bevor im Juli beim BWSAV Neuwahlen anstehen. Präsident Bernd Hegele und Teile seines Teams geben nach über 20 Jahren die Verantwortung in neue Hände – und hinterlassen nicht nur in puncto Limes Cup große Fußstapfen.
Besonderen Fokus hatten die Veranstalter auf die Produktion hochwertiger TV-Bilder gelegt. „Aus meiner Sicht ist das der Schlüssel“, so DSAB-Präsident Oliver Stegemann. „Wir wollten dem Weltverband und allen Nationen zeigen, dass wir bereit sind, in die Weiterentwicklung unserer wunderbaren Sportart zu investieren. Klar: Die Kosten für eine professionelle Produktionsfirma rechnen sich nicht gleich. Aber langfristig bin ich überzeugt, dass herausragende Bilder neue Reichweiten schaffen, Aufmerksamkeit generieren und sich sogar vermarkten lassen – damit fließt am Ende auch Geld zurück in den Sport. Ich hoffe das motiviert andere Veranstalter, diesem Vorbild zu folgen.“ Ein mutiger Schritt – und vielleicht ein Baustein auf dem Weg der Sportakrobatik nach Olympia.
Lourenço França aus Portugal, Nationaltrainer und Gastgeber des MIAC – des größten und renommiertesten Acro-Turniers der Welt und ein bekannter Weltcup-Wettbewerb in Maia – sparte nicht mit Lob: „In diesem Jahr konnte sich unser Verband nur die Teilnahme an zwei Weltcups leisten. Ich habe mich für Belgien und Deutschland entschieden – weil ich Aalen wirklich mag. Ich war hier bei den Weltcups 2012 und 2014, und ich bin seitdem mehrmals zurückgekommen, etwa für FIG-Akademien (Trainerschulungen). Ich habe außerdem gespürt, dass die Menschen hier mit echter Leidenschaft dabei sind, dieses Event auszurichten und die Sportakrobatik voranzubringen – und das wollte ich unterstützen. Die Sportakrobatik hat hier eine lange und stolze Tradition. Menschen wie Bernd Hegele, Albert Jung und Todor Kolev (alle vom BWSAV) sind wahre Legenden – Dinosaurier unseres Sports – und wir teilen dieselbe Philosophie: Wir schätzen und pflegen die klassische, alte Schule der Akrobatik. Hierherzukommen war definitiv die richtige Entscheidung. Die Organisatoren leisten fantastische Arbeit – die Halle ist großartig, und alles läuft sehr professionell ab. Besonders beeindruckt hat mich der Aufwand, den sie in die hochwertige TV-Produktion gesteckt haben. Das ist wirklich etwas Besonderes. Jetzt ist es wichtig, dieses Bildmaterial weiter zu nutzen – es immer wieder in den sozialen Medien zu teilen. So können wir helfen, die Sportakrobatik bekannter und populärer zu machen.“